Für den Wiederaufbau der St.-Georgen-Kirche zu Wismar

Aufbauverein St. Georgen e.V.

Baugeschichte

Die Geschichte der Bauzeit von St. Georgen fällt in die bewegte Zeit des späten Mittelalters und der Reformation. Sie beginnt um 1230 und endet um 1600. Frühgotik, Hochgotik beeinflussten mit ihren Bauidealen und Stilentwicklungen den Bau von St. Georgen nachhaltig bis in die Hochrenaissance hinein. Die Kirche ist deshalb durchgehend gotisch geprägt – mit den Stilelementen der einzelnen Epochen.

Obwohl das Bauwerk trotz der langen Bauzeit ein Torso geblieben ist, ist es die Vielfalt in Stil und Gestaltung, die den Anblick so reizvoll machte. Auch ohne den geplanten und nie erreichten spätgotischen Chor und mit dem nicht stilgerechten oberen Turmabschluss war St. Georgen ein Zweck- und Repräsentativbau, der in jeder Beziehung beeindruckend war.

1. Bau

Über die erste Kirche von St. Georgen, die bereits am Platz der heutigen stand, ist nur sehr wenig bekannt. Es haben sich von ihr bis heute keine erkennbaren Reste erhalten. Aufschluss könnten aber noch durchzuführende archäologische Grabungen ergeben.

Über die Bauzeit gibt es folgende Hinweise: Zwei Ablassbriefe aus jüngerer Zeit, einer des Bischofs Johann von Ratzeburg (1447) und ein anderer des Bischofs Nikolaus von Schwerin (1449) berichten, dass die in der Wismarer Neustadt begründete Pfarrkirche nicht weniger als sieben Heiligen geweiht war. Es waren St. Georg, St. Stephan, St. Simon, St. Judas, St. Martin, St. Elisabeth und St. Agnes. Da die hl. Elisabeth erst 1235 heilig gesprochen worden ist, kann die Kirche nicht vor dieser Zeit gegründet worden sein. In einer weiteren Urkunde von 1255 wird ein Pfarrer der Kirche mit Namen genannt. Es muss also die Gründung dieses ersten Gotteshauses in den zwanzigjährigen Zeitraum fallen, der zwischen den beiden angeführten Daten liegt.

2. Bau

Der heute noch erhaltene dreischiffige Chor gehört der zweiten Bauperiode an. Er ist im Osten gerade geschlossen und wurde später an der Südseite und an der Nordseite mit Kapellen erweitert. Ein Hinweis auf den Beginn der Bauzeit ist einer Nachricht zu entnehmen, die für das Jahr 1295 einen Ziegelofen bezeugt, der zur St.-Georgen-Kirche gehörte. Aus dem Jahre 1332 ist ein Holzlieferungsvertrag für die Ziegelöfen von St. Georgen bekannt. Für 1350 sind Nachrichten von einem Ablass, einer Messe und von einer Jubelfeier der Kirche überliefert. Daraus kann geschlossen werden, dass der Chor zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen fertig gestellt war. Wie viel von dem geplanten zweiten Bau fertig gestellt ist oder ob man ihn ganz vollendet hatte, ist unbekannt. Hierüber können u. U. achäologische Grabungen Aufschluss geben. Die heute noch vorhandene, mit zierlichem Bauschmuck bekrönte Kapelle in der Nordostecke des Chores wird 1394 erstmals erwähnt. Die ehemalige mittlere Kapelle an der Nordseite war zweigeschossig, der obere Raum ist vermutlich 1516 auf der alten Sakristei erbaut worden und diente als Fürstenempore bzw. als herzoglicher Chor. Er war durch einen überdachten hölzernen Gang über die Straße hinweg mit dem Fürstenhof verbunden. Zwischen der Fürstenempore und dem östlichen Abschluss des 3. Baues befand sich an derselben Seite eine ebenfalls zweigeschossige „Neue Sakristei“. Sie soll, so wird aufgrund einer Büchergabe vermutet, 1495 fertig gestellt worden sein.

An der Südseite waren ursprünglich zwei Kapellen angebaut. Die westliche ist noch heute als Ruine erhalten, während die östliche vor rund 150 Jahren abgebrochen worden ist.

3. Bau

Mit der letzten großen Bauperiode ist laut Inschrift an der nördlichen Turmhalle 1404 begonnen worden. Allerdings sind die Arbeiten am Turmbau bereits nach dem ersten Geschoss ins Stocken geraten, auch kamen die übrigen Arbeiten an der Gesamtanlage bis Anfang der vierziger Jahre nicht recht voran. Die beiden Turmkapellen sollen erst 1469 fertig gestellt worden sind. Die nördliche trug den Namen Marienzeitenkapelle, während die südliche Wollweberkapelle hieß.

Die Einwölbung der gesamten Kirche dieser 3. Bauperiode dürfte aufgrund der ehemals vorhandenen Meisterzeichen bereits vor 1497 fertig gewesen sein. Dächer wurden üblicherweise vor den Gewölben errichtet. Bis zum endgültigen Abschluss des Neubaus vergingen dann noch fast weitere 100 Jahre.

Zum Abschluss der Arbeiten am Neubau heißt es in einem Band über mecklenburgische „Bau- und Geschichtsdenkmäler“ sehr beeindruckend:

„Die Jahreszahl 1594 aber am Schluss der Ostwand des Neubaus oberhalb des ältesten Chorfirstes lässt erkennen, dass man damals den Gedanken einer Vollendung des großartigen Planes aufgibt und zugleich gewillt ist, einen Teil des Fachwerkbaues, womit ursprünglich doch ohne Frage nur ein vorläufiger Schluss beabsichtigt war, dauernd von Bestand zu lassen. So ist St. Jürgen zu einem Wahrzeichen des Auf- und Niedergangs der städtischen Verhältnisse während des Mittelalters geworden.“

Ebenfalls im Jahre 1594 erhält der Westturm seinen Notabschluss mit der eingebauten Glockenstube.

In den Jahren von 1877 bis 1905 wurden an der Kirche umfangreiche Reparaturen und Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt. Man stabilisierte im Inneren Säulen und Wände, ordnete das Gestühl zeitgemäß, versah den Fußboden mit farbigen Fliesen, gab den Wänden und Gewölben ihre mittelalterliche Gestaltung wieder und stattete die Orgel mit einem neuen Gehäuse aus. Die provisorische, in Fachwerk gebaute Abschlusswand zwischen dem alten Chor und dem gotischen Neubau ersetzte man durch eine Backstein-Tríumpfbogenwand. Das Chorhochschiff bekam anstelle des Walmdaches im Osten einen gestalteten Giebel. Zwei fehlende Strebebögen an der Südostseite wurden wieder hinzugefügt.

Kriegsschäden und Verfall

Im April 1945 entstehen schwere Schäden als Folge von zwei Treffern mit Luftminen. Dir Kirchenmauern und der Turmunterbau bleiben erhalten. Das Dach und die Gewölbe des Chores sowie die Sakristei sind leicht beschädigt. Die Orgel verbrennt im Turm.

Die Kirchenleitung in Schwerin beginnt bereits 1949 mit Planungen für den Wiederaufbau. Als 1. Schritt sollte eine Notkirche eingerichtet werden. In den 50er-Jahren wird sogar ein Dachstuhl über dem Hochschiff aufgebaut, er bleibt aber ohne Eindeckung stehen und bricht später wieder in sich zusammen. Aufgrund des ständig fortschreitenden Verfalls der ungeschützten Gebäudeteile müssen 1961 die neue und die alte Sakristei mit der Fürstenempore abgebrochen werden. Trotz wiederholter Planungen für den Wiederaufbau geht der Verfall in den darauf folgenden Jahren unaufhaltsam weiter.

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